Podiumsdiskussion
16.5., 19:30 Uhr
Medico International
Lindleystraße 15
60314 Frankfurt am Main
Demokratische Teilhabe, Erinnerungskultur und die Gestaltung von Prozessen waren und sind geprägt von Ein- und Ausschlüssen entlang von gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Mirrianne Mahn, Dr. Onur Suzan Nobrega und Jeanne Nzakizabandi werfen einen post- und dekolonialen Blick auf diese Themen, moderiert von Aisha Camara. Die Podiumsdiskussion ist Teil eines Projektes, das wegweisende Stimmen im Diskurs hervorhebt.
Hintergrund
Als frankfurt postkolonial möchten wir die geplanten Aktivitäten im Rahmen des „Netzwerk Paulskirche“ nutzen, um einen post-und dekolonialen Gegenakzent zur hegemonialen Erinnerungskultur zu setzen und für ein erweitertes Demokratieverständnis einzutreten. Wir kritisieren an der dominanten Erzählung über die deutsche Demokratiegeschichte einerseits, dass diese den deutschen Kolonialismus als einen konstitutiven Bestandteil der deutschen Nationalgeschichte zum größten Teil ausblendet. Koloniale und imperiale Bestrebungen sind jedoch mit der historischen und politischen Genese der Demokratie in diesem Land stark verwoben. Anderseits kritisieren wir, dass die personen- und ortsbezogene Würdigung deutscher Demokratiegeschichte, u.a. im Projekt „100 Köpfe der Demokratie“ der „Stiftung der deutschen Demokratiegeschichte“, oftmals sehr selektiv ist und meist männliche, weiße Personen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Schwarze Menschen und People of Colour finden in diesem Projekt eher als tokens Erwähnung, anstatt dass ihr antirassistisches Wirken gewürdigt. Diese Kritik haben wir im Frühjahr 2021 bundesweit gemeinsam mit diasporischen Black Communities, Selbstorganisationen von People of Color (BIPoC) und dekolonialen/postkoloniale Initiativen aus der Zivilgesellschaft mit einem Offenen Brief kritisiert (http://frankfurt.postkolonial.net/offener-brief-zum-projekt-orte-der-demokratiegeschichte-100-koepfe-der-demokratie).
Unser Projekt
Wir möchten daher das 175. Paulskirchenjubiläum und unsere Einbettung im „Netzwerk Paulskirche - Demokratie im Kommen“ nutzen, um eine dekoloniale Kontextualisierung der „Frankfurter Tage der Demokratie“ zu erreichen. Dazu erstellen wir eine Projekthomepage, auf der wir eine Reihe von Persönlichkeiten versammelt haben, die einen anti-und dekolonialen sowie antirassistischen Beitrag zu einem erweiterten Demokratieverständnis in der deutschen Geschichte und Gegenwart geleistet haben und immer noch leisten. Diese Persönlichkeiten stellen wir als „dekoloniale Persönlichkeiten der Demokratie” mit einem Portrait und einer Kurzbiographie auf der Homepage vor und möchten dadurch an deren Kampf gegen Kolonialismus, Imperialismus, und Rassismus erinnern. Die Liste der Persönlichkeiten ist jedoch nicht vollständig und soll durch Beiträge aus antirassistischen, post- und dekolonialen Netzwerken und Initiativen ständig erweitert werden. Wir hoffen, dass dieses Projekt dazu beiträgt, diejenigen Menschen zu beleuchten, die an der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen Demokratie zwar beteiligt sind, aber oftmals ausgeblendet oder ignoriert werden.
Über uns
frankfurt postkolonial ist eine Gruppe, die sich seit 2010 mit kurzer Unterbrechung kritisch mit den Folgen der kolonialen Vergangenheit in Frankfurt am Main auseinandersetzt und diese in Verbindung mit gegenwärtigen Machtstrukturen und Ungleichheitsverhältnissen thematisiert. Wir haben uns 2010 im Rahmen eines Treffens zu „Postkolonialer Stadtforschung“ in Frankfurt gegründet und 2011 das erste Mal unseren postkolonialen Stadtrundgang im Rahmen einer Konferenz des Frankfurt Research Center for Postcolonial Studies durchgeführt. Seit 2015 bieten wir unseren Stadtrundgang auf Anfrage regelmäßig an und überarbeiten oder ergänzen die Inhalte fortlaufend.
Wir sind auf lokaler Ebene mit antirassistischen, kolonialismus- und globalisierungskritischen Initiativen und Organisationen, sowie bundesweit mit anderen postkolonial-Initiativen und dem Decolonize! Bündnis vernetzt und arbeiten in Frankfurt mit städtischen Museen wie dem Historischen Museum oder dem Weltkulturenmuseum zusammen. Wir verstehen unsere Arbeit als ein politisch-pädagogisches Projekt an der Schnittstelle zwischen postkolonialer und rassismuskritischer Aufklärungs-, Bildungs- und Erinnerungsarbeit. Hauptberuflich sind wir im Hochschul-, Bildungs-, Beratungs- und Kunstbereich sowie als Studierende oder Forschende tätig.
Ansprechpartner:innen: Mirjam Tutzer, Friederike Odenwald, und Sebastian Garbe